Another Day in Paradise setzt bei der Konzeption einer räumlich codierten Gesellschaftsanordnung an, die vom französischen Frühsozialisten Charles Fourier im frühen 19. Jahrhundert als architektonisches Paradigma für kollektives Leben, affektive Ökonomie und geschlechterübergreifende Koexistenz entworfen wurde. Ausgehend von diesem spekulativen Modell verhandelt der Film Fragen nach politischer Imagination, räumlicher Ideologie und der ästhetischen Konstruktion von Gegenwart.
Der Stadtkörper der Royal City in Hanoi – oszillierend zwischen neoklassizistischer Fassadensymbolik und unterirdischer Konsumwelt – fungiert als Projektionsfläche und Resonanzraum. Die eingeschobenen Bildräume von Pflanzen in Gewächshäusern unterlaufen das urbane Skript: keine Idylle, sondern kontrollierte Natur als Chiffre für Disziplinierungsregime und entgrenzte Wachstumspolitiken. Es entsteht ein Bildraum zwischen Ordnung und Überwucherung, zwischen Disziplinierung und Entgrenzung. Fourier tritt als diskursive Instanz auf; seine Stimme rahmt keine Erzählung, sondern destabilisiert visuelle Ordnung und symbolische Klarheit.
Die Montage überlagert sozialistische, koloniale und spätkapitalistische Versatzstücke und artikuliert darin eine Gegenbewegung: eine Davidstatue, die selbst zum subversiven Körper in Bewegung wird – zwischen Wiederholung, Verschiebung und Störung verweist sie auf eine queere Gegenkraft zur architektonischen und ideologischen Norm. Fouriers Vision erscheint nicht als utopisches Artefakt, sondern als heuristisches Werkzeug zur Gegenwartsdiagnose und stellt zudem die Frage, ob wir womöglich längst in einer fourierischen Welt leben?
Another Day in Paradise entwirft keine Fortschrittsfiktion, sondern plädiert für eine Reartikulation von Zukunft als offenes Dispositiv – jenseits teleologischer Erschöpfung, jenseits restaurativer Logiken. Inmitten globaler Regression wird das Imaginäre zur widerständigen Kategorie.